Besuch der evangelischen Kirche Nieder-Eschbach
Autor und Foto: Herr Wellershaus
Die Kirche ähnelt einer Heuscheune, das „Dach durchlöchert“, das „Gebälk verfault“ und die Kirchenglocken geraubt – verantwortlich für diesen Zustand sollen die Truppen Kaiser Karls V. sein. Das zumindest berichtete der Bürgermeister der Gemeinde Nieder-Eschbach im Jahr 1655 seinen Herren in Hanau, als er um Aufschub für ausstehende Schulden bittet. Grund genug für die Schüler*innen der 8Gc, sich gemeinsam mit Frau Sondermann und Herrn Wellershaus auf den Weg zu machen und diesen Behauptungen auf den Grund zu gehen.
An der Kirche angekommen, wurden die Schüler*innen von Wolfram Schultze, einem Mitglied des Kirchenvorstandes, empfangen. Herr Schultze hatte nicht nur die eingangs zitierte Quelle bereitgestellt, sondern auch versprochen, bei der Beantwortung der vielen Fragen zu helfen, die die Schüler*innen in der Auseinandersetzung mit der Quelle entwickelt haben. Nach einer Begrüßung im Kirchenschiff teilten sich die Schüler*innen in zwei Gruppen auf: Während eine der Gruppen sich mithilfe einer Präsentation mit der Geschichte der Kirche auseinandersetzt, erklomm die zweite Gruppe gemeinsam mit Herrn Schultze den Glockenturm.
Hier war besondere Vorsicht geboten, denn die steilen Treppen sind keinesfalls zu unterschätzen. Auf der obersten Etage angekommen, machte sich Staunen breit: Nicht nur zwei, sondern tatsächlich drei Glocken hängen im Kirchturm. Schnell entdeckten die Schüler*innen die vielen Inschriften auf der Glocke und begannen, diese zu entziffern. Dabei fielen die drei Jahreszahlen besonders schnell ins Auge: Sie geben an, in welchem Jahr die Glocke gegossen wurde:1571, 1764 und 1949. Nachdem die Schüler*innen verarbeitet hatten, dass die älteste und größte Glocke über 450 Jahre alt ist, tauchte schon die nächsten Fragen auf: „Wie kann es sein, dass die älteste Glocke hier noch hängt, der Bürgermeister in seinem Brief aus dem Jahr 1655 jedoch berichtet hat, sie sei gestohlen worden?“. Herr Wellershaus schaute verlegen zu Herr Schultze, der zu bedenken gab: „So genau kann die Frage keiner beantworten. Meine Vermutung jedoch ist, dass die Glocke schlicht zu schwer war, um von den Kaiserlichen Truppen mitgenommen zu werden. Wahrscheinlich berichtete der Bürgermeister hier von dem Diebstahl kleinerer Glocken“. Zum Abschluss der Kirchturmbegehung durften die besonders Mutigen unter den Schüler*innen auch selbst die Glocken läuten, was einigen sichtlichen Spaß bereitete.
Auch die Gruppe, die im Kirchenschiff zurückgeblieben war, hielt neue Erkenntnisse parat: Während des Dreißigjährigen Krieges wurde das reformierte Hanau von den Truppen des katholischen Kaisers belagert und Soldaten in der Kirche einquartiert, sodass das erst 1618 neu erbaute Kirchenschiff schnell verfiel.
Für die Schüler*innen war der Ausflug eine schöne Gelegenheit, die Geschichte ihre Umgebung zu erkunden und auch Herr Wellershaus war glücklich, den Schüler*innen Unterrichtsgenstände so nahezubringen. Vielen Dank an dieser Stelle an Herrn Schultze, der das ermöglicht hat, und Frau Sondermann, die uns begleitet hat!